Hameln. Die Stadt will die Beteiligung junger Menschen dauerhaft und verbindlich organisieren: Mit der Beschlussvorlage 56/2025 schlägt die Verwaltung vor, die „Kinder- und Jugendkonferenz“ (JuKo) als zentrales Partizipationsformat zu etablieren – moderiert von der städtischen Jugendarbeit, mit klarer Struktur, regelmäßigen Terminen und direktem Draht in die Politik. Der Fachausschuss für Familie, Kitas, Schulen und Sport hat den Aufschlag bereits einhellig befürwortet (13:0 Stimmen am 28. August). Nächste Stationen sind der Verwaltungsausschuss am 10. September und die Ratsentscheidung am 18. September.
Worum geht’s bei der JuKo?
Kernidee ist ein offenes, niedrigschwelliges Beteiligungsformat für alle 6- bis 26-Jährigen. Die JuKo tagt zweimal im Jahr öffentlich. Ergänzend arbeiten vier thematische Arbeitsgruppen (AGs) unterjährig weiter: AG Jugendpolitik, AG Events/Kultur, AG (Offene) Jugendarbeit und AG (Offene) Kinderarbeit. Jede AG bestimmt Zeit, Ort und Form ihrer Treffen selbst; pädagogische Fachkräfte der Abt. Familie & Soziales begleiten (nicht: leiten) die Gruppen. Die Ergebnisse werden binnen vier Wochen nach jeder Konferenz im Rathaus vorgestellt – eingeladen werden u. a. die Ausschussvorsitzenden sowie Fraktionsspitzen, um gemeinsam das weitere Verfahren festzulegen.
Politisch ist der Vorschlag kein Start bei null: Der Rat hatte am 27. 09. 2023 die Prüfung geeigneter Beteiligungsformen beschlossen; die heutige JuKo ist aus einer früheren AG „Umwelt“ hervorgegangen und wurde im Fachausschuss bereits mehrfach vorgestellt. Die Verwaltung will daran anknüpfen und das Format breiter, professioneller und inklusiver aufstellen.
Warum jetzt – und warum so?
Zwei Sätze aus der Begründung stechen heraus: „Es gibt nicht die Jugend…! – Die Jugend gibt es nicht…!“ Dahinter steckt die Einsicht, dass Beteiligung methodische Freiheit braucht: Wer junge Menschen wirklich erreichen will, muss ihnen Räume geben, eigene Themen, eigene Formen, eigene Kommunikation zu wählen. Beteiligung wirkt, wenn sie Selbstwirksamkeit ermöglicht – das stärkt Demokratieverständnis und Verantwortungsübernahme im Alltag. Genau hier setzt das Modell an: formal verlässlich (Gremien-Logik, Brücke in den Rat), gleichzeitig offen genug für Peer-Group-Realitäten und projektbezogene Arbeit.
Rechtlicher Rückenwind
Rechtlich bewegt sich die Stadt auf gefestigtem Terrain: § 36 NKomVG verpflichtet Niedersachsens Kommunen, Kinder und Jugendliche bei sie betreffenden Planungen angemessen zu beteiligen und dafür geeignete Verfahren zu entwickeln – über die allgemeine Einwohnerbeteiligung hinaus. Die JuKo erfüllt genau diese Vorgabe.
Ein Blick in die Praxis zeigt zudem: Jugendkonferenzen, Jugendräte und Kinder-/Jugendparlamente haben sich bundesweit etabliert; ihre Zahl wächst, ebenso die Vernetzung – in Niedersachsen etwa mit dem 2024 gegründeten NDJ-Dachverband.
Anschlussfähigkeit vor Ort
Hameln hat in den vergangenen Jahren wiederholt Jugendkonferenzen ausgerichtet – u. a. im Kultur- und Bildungshaus Regenbogen: Stadt und Medien luden 2024 offen ein, um Wünsche und Bedarfe der Jugendlichen zu sammeln. Die geplante Verstetigung schließt also an erprobte Formate an und hebt sie auf kommunalpolitisches Niveau.
So soll die JuKo funktionieren (auf einen Blick)
- Zielgruppe: 6–26 Jahre, offen für alle.
- Taktung: 2 Plenarsitzungen/Jahr; AG-Arbeit unterjährig.
- Struktur: Koordinierungsteam (gewählte/gesandte Vertreter*innen der AGs + pädagogische Begleitung) bereitet Sitzungen vor, lädt ein, führt Protokoll.
- Themenfelder: Jugendpolitik/„Hameln für Kinder & Jugendliche“, Events/Kultur, Offene Jugendarbeit, Offene Kinderarbeit – erweiterbar nach Bedarf.
- Transfer in die Politik: Ergebnisvorstellung binnen 4 Wochen, Austausch mit Ausschuss- und Fraktionsspitzen, Festlegung des weiteren Vorgehens.
- Ressourcen: Personell: Begleitung durch vorhandenes Personal der Jugendarbeit. Finanziell: Derzeit keine zusätzlichen Mittel veranschlagt.
Chancen – und was kritisch bleibt
Chancen:
- Verbindlicher Kanal zwischen Jugend und Rat – mit Termin-, Arbeits- und Rückkopplungslogik.
- Niedrigschwelligkeit plus formale Anschlussfähigkeit: Die JuKo „spricht die Sprache“ der Politik (Gremien), bleibt aber offen für jugendliche Lebenswelten.
- Professionelle Begleitung durch das städtische Team – ohne die Selbstorganisation der Jugendlichen zu überformen.
Kritische Punkte:
- Wirkung hängt an der politischen Weiterbearbeitung: Was geschieht mit Vorschlägen nach der Ergebnisvorstellung? Wer setzt um – und bis wann? (Hier wird die Praxis zeigen, ob die Brücke in Ausschüsse und Fraktionen trägt.)
- Ressourcen: Zusätzliche Mittel sind aktuell nicht eingeplant; bei wachsender Dynamik kann später Personal-/Budgetbedarf entstehen – dann muss der Rat nachsteuern.
Einordnung: Trend in Deutschland
Deutschlandweit wächst die Zahl kommunaler Beteiligungsformate – von Jugendparlamenten über Jugendräte bis zu Konferenzen. Der Bund befördert das Thema, die Forschung benennt Qualitätsmerkmale (Verbindlichkeit, Ressourcen, Rückkopplung). Hamelns Ansatz – AG-Arbeit + halbjährliche Plena + formaler Ergebnistransfer – entspricht vielen dieser Standards.
Wie geht es weiter?
- 10. 09. 2025: Verwaltungsausschuss
- 18. 09. 2025: Ratssitzung – hier fällt die Entscheidung.
- Bei Zustimmung startet die Verwaltung mit Koordinierungsteam und AG-Aufbau; die erste reguläre JuKo-Sitzung wäre dann für den Herbst/Winter realistisch, die Ergebnisvorstellung folgte vier Wochen später – also noch in diesem Jahr im politischen Raum.
Redaktionelle Anmerkung / Quellenlage
Dieser Bericht stützt sich auf die Beschlussvorlage 56/2025 der Stadt Hameln (inkl. Beratungsfolge, Strukturbeschreibung, Ressourcenangaben) sowie auf ergänzende öffentliche Quellen zur Rechtsgrundlage in Niedersachsen und zu früheren Jugendkonferenzen in Hameln