Freitag, Oktober 10, 2025
StartEmpfehlung der RedaktionFadi Saad begeistert Schüler der Max-Born-Realschule – Zwischen Dialog, Humor und Nachdenklichkeit

Fadi Saad begeistert Schüler der Max-Born-Realschule – Zwischen Dialog, Humor und Nachdenklichkeit

Bad Pyrmont. Ruhig wurde es am Mittwochvormittag in der Aula der Max-Born-Realschule, als Fadi Saad das Wort ergriff. Rund 100 Schülerinnen und Schüler lauschten dem Berliner Polizist, Autor und Sozialarbeiter, der mit seiner lebendigen Art schnell die Aufmerksamkeit des Publikums gewann.

Saad, der durch seine Bücher „Der große Bruder von Neukölln“ (2008) und „Kampfzone Straße“ bekannt wurde, versteht es, Geschichten aus seinem Leben und seiner Arbeit mit Jugendlichen zu erzählen – direkt, ehrlich und mit einer Prise Humor, koordiniert wurden die insgesamt 9 Lesungen im Landkreis durch Isabel Rinne vom Opferschutzverein Weißer Ring e.V., Außenstelle Hameln-Pyrmont.

Von der ersten Minute an gelang ihm ein Wechselspiel zwischen Vortrag und Gespräch: Mal war er der charismatische Redner, mal der neugierige Zuhörer, der Fragen an die Jugendlichen richtete und auf ihre Antworten spontan einging. Immer wieder griff er Gedanken aus vorherigen Gesprächen mit den Schülerinnen und Schülern auf und schuf so eine Verbindung, die spürbar war. Es war ein aufeinander aufbauendes Spiel der Aufmerksamkeit – und Saad war mittendrin.

Er sprach über Freundschaft, Vorbilder, Fehlentscheidungen und über den Mut, Verantwortung zu übernehmen. Dabei drang er in das Herz der gesellschaftlichen Integrationsdebatte vor – nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit Geschichten, die von echtem Leben zeugen. Saad nahm Vorurteile auf, spielte mit ihnen, entlarvte sie und machte sichtbar, wie viel Stärke in Vielfalt steckt.

Durch geschickte Fragen konfrontierte er die Jugendlichen mit den Stereotypen, die in uns allen stecken – ganz gleich, ob mit oder ohne Migrationshintergrund. Er zeigte, dass die Grenzen zwischen „wir“ und „ihr“ meist nur in den Köpfen existieren. Mit Feingefühl und Humor lenkte er die Aufmerksamkeit auf Gemeinsamkeiten statt Unterschiede: auf gemeinsame Werte, ähnliche Erfahrungen und denselben Wunsch nach Anerkennung.

Besonders eindrucksvoll wurde es, als Saad über Religion sprach. Seine eigene Glaubenszugehörigkeit ließ er zunächst offen. Stattdessen gab er zahlreiche Hinweise – und schnell wurde klar, dass vieles davon auf alle drei großen Weltreligionen zutrifft. Mit dieser klugen Offenheit zeigte er, wie nah sich Christentum, Judentum und Islam in ihren Grundwerten stehen. Entscheidend, so wurde spürbar, sei nicht, welcher Religion jemand angehört, sondern wie man miteinander umgeht.

Weiter ermutigte Fadi Saad die Schülerinnen und Schüler, eigene Perspektiven einzunehmen, zuzuhören und Vorurteile zu hinterfragen. Integration, so seine Botschaft, beginne immer mit gegenseitigem Respekt – und mit der Bereitschaft, einander wirklich zuzuhören.

Saad sprach auch über Unterschiede im Sprachgebrauch und in der Erziehung. In arabisch und muslimisch geprägten Familien, erklärte er, würden manche Ausdrücke oder Drohungen, die im Deutschen hart klingen, oft als normale Umgangsformen verwendet. Das könne Außenstehenden schnell als rauer Ton erscheinen. In seiner Arbeit habe er festgestellt, dass Jugendliche aus diesen Milieus meist auf eine direkte, klare Ansprache stärker reagieren als auf vorsichtig formulierte Worte.

Mit einem geschickten Kniff stellte Saad den Schülerinnen und Schülern auch ihre eigenen Denkmuster vor Augen. Auf seine Frage, was man „Ausländern“ häufig nachsage, kamen zunächst negative Beispiele aus dem Publikum. Erst als er gezielt nach positiven Eigenschaften fragte, änderte sich das Bild. Saad nutzte den Moment, um den Jugendlichen anhand dieses Beispiels zu zeigen, wie tief solche Vorurteile in Sprache und Denken verankert sind – und dass es sich lohnt, sie bewusst zu hinterfragen.

Saad sprach auch über Grenzen in Beziehungen und den Umgang mit Kontrolle. Er warnte die Schülerinnen und Schüler – besonders die Mädchen – davor, einschränkendes oder aggressives Verhalten in Partnerschaften zu tolerieren. Wenn ein Freund beginne, Freiheiten zu beschneiden, Passwörter zu fordern oder Kontakte zu anderen zu verbieten, sei das kein Ausdruck von Liebe, sondern von Besitzdenken. Auch körperliche Übergriffe dürften niemals hingenommen werden. Saad ermutigte die Jugendlichen, aufeinander zu achten und frühzeitig Hilfe zu suchen, wenn sie solche Situationen bei sich oder Freunden bemerken.

Als wichtige Anlaufstelle nannte Saad den Weißen Ring, der bundesweit Opfern von Gewalt, Bedrohung oder Erpressung Hilfe bietet – vertraulich, kostenlos und auf Wunsch anonym. Auch im Landkreis Hameln-Pyrmont gibt es eine regionale Anlaufstelle:

Weißer Ring Hameln-Pyrmont
Telefon 0151 / 14197269
hameln-pyrmont@mail.weisser-ring.de

Dort erhalten Betroffene und Angehörige Beratung und Unterstützung. Saad appellierte an die Schülerinnen und Schüler, Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn sie selbst oder Menschen in ihrem Umfeld von Kontrolle, Druck oder Gewalt betroffen sind – und nicht zu schweigen, wenn Grenzen überschritten werden.

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